In einem bahnbrechenden juristischen Schritt haben sich rund 35.000 Einzelhändler, die auf dem britischen Marktplatz von Amazon verkaufen, zusammengeschlossen, um eine Sammelklage in Höhe von 1 Milliarde Pfund gegen den Tech-Giganten einzureichen. Sie beschuldigen das Unternehmen, unabhängige Mode- und Bekleidungshändler ungerechtfertigt zu unterbieten, indem es ihre vertraulichen Verkaufsdaten unrechtmäßig ausnutzt.
Die British Independent Retailers Association (BIRA) behauptet, dass der Online-Einzelhandelsriese methodisch detaillierte Produktdaten und das Verbraucherverhalten von Drittanbietern auf seiner britischen Plattform abgegriffen hat, um seine eigene Marke zu stärken.
In der Klage wird außerdem behauptet, dass Amazon zwischen 2015 und heute die exklusiven Daten von Verkäufern über Preise, Nachfrage und Designdetails genutzt hat, um konkurrierende Produkte einzuführen, deren Preise unter den Marktpreisen lagen, und so die Marken der Einzelhändler zu unterbieten.
Richtungsweisender Fall entwickelt sich
BIRA argumentiert, dass Amazon die Buy Box-Funktion genutzt hat, um Käufer zu seinen Marken zu leiten. Mit detaillierten Einblicken in die Kaufgewohnheiten der Verbraucher und in die Preisgestaltung externer Anbieter konnte das E-Commerce-Unternehmen seine nachgeahmten Modelinien genau abstimmen.
Viele dieser kleinen Unternehmen wussten Berichten zufolge nicht, dass ihre Daten auf diese Weise verwendet wurden, und einige haben erhebliche Verluste erlitten. Dieser Fall ist die größte Sammelklage nach dem Competition Act 1998 im Namen britischer Einzelhändler und könnte einen Präzedenzfall für künftige Klagen gegen Technologieunternehmen schaffen.
Die Wettbewerbs- und Marktaufsichtsbehörde (Competition and Markets Authority – CMA) hatte zuvor gegen Amazon wegen Bedenken hinsichtlich seiner Marktdominanz und seines Machtmissbrauchs ermittelt. Letztes Jahr hat der E-Commerce-Titan mit der CMA neue Verpflichtungen bezüglich der Wettbewerbspraktiken auf seinen Einzelhandelsmarktplätzen vereinbart, um die Verbraucher zu schützen.
Willkie Farr & Gallagher hat über 1.150 Seiten an Dokumenten vorbereitet, die die Klage gegen Amazon zur Vorlage beim Tribunal beschreiben. Zum Anwaltsteam gehören Boris Bronfentrinker, Elaine Whiteford und Michelle Clark von Willkie Farr sowie Sarah Ford KC und Jason Pobjoy von Brick Court Chambers bzw. Blackstone Chambers. Litigation Capital Management, ein in London börsennotierter Prozessfinanzierer, stellt die notwendigen Mittel für den Fall zur Verfügung.
Die heutige Einreichung der Klage ist der erste Schritt auf dem Weg zu einer Entschädigung der Einzelhändler für das, was Amazon getan hat
Andrew Goodacre
Andrew Goodacre, der Geschäftsführer von BIRA, äußerte sich optimistisch über den möglichen Ausgang des Verfahrens für die betroffenen Einzelhändler.
„Ich bin zuversichtlich, dass der CAT die Klage zulassen wird, und ich freue mich auf die Gelegenheit, den Fall im Namen der britischen Einzelhändler vorzutragen“, erklärte er.
Das ultimative Ziel ist es, eine faire Entschädigung für diejenigen zu erwirken, die angeblich von Amazons unrechtmäßigem Vorgehen betroffen sind.